08.11.2021, 18.39 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Nach 30 Jahren: Denkmalsatzung für die Ortsmitte ist auf dem Weg

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Ob Farbe der Schlagläden, Fenster, Türen oder auch Gauben und Vordächer – im Bereich der künftigen Denkmalbereichssatzung Cronenberg, so unter anderem auch hier in der Dörper Altstadt „An der Hütte“ – kann man künftig nicht mehr machen, was man möchte… | Foto: Meinhard Koke

CDU-Bezirksvertreter Michael-Georg von Wenczowsky, sonst eher durch kritische Wortmeldungen bekannt, bei der Stadtverwaltung vielleicht sogar gefürchtet, gab seine „verschärfte Anerkennung“ zu Protokoll. „Das heißt was“, merkte Bezirksbürgermeisterin Miriam Scherff (SPD) entsprechend zutreffend an. Dass die sogenannte „Denkmalbereichs- und Gestaltungssatzung Wuppertal-Cronenberg“ fertig ist, dürfte aber weniger Anlass für den „verschärften“ Zuspruch des CDU-Politikers gewesen sein – schließlich fordert die Bezirksvertretung (BV) Cronenberg die Satzung ja bereits seit Jahrzehnten, schon vor mittlerweile 31 Jahren erging der Ratsauftrag dazu…!

Nachdem sie immer wieder geschoben wurde, lautet nun aber „Was lange währt, wird endlich gut“ die Prämisse: Das Dörper Stadtteilparlament nahm die fertige Satzung an – einstimmig! Die Denkmalbereichssatzung betrifft im Wesentlichen den Ortskern Cronenbergs. Der Geltungsbereich zieht sich entlang der Hauptstraße vom ehemaligen Kaiserlichen Postamt (früheres „akzenta“-Gebäude) bis zum Gewerbeareal an der Solinger Straße und umfasst zudem die Schorfer Straße, Teile von Unterkirchen, die Rathausstraße bis hin zu den Fabrikantenvillen in der Berghauser Straße sowie den Bereich Am Ehrenmal/Hütter Straße/Auf dem Eigen und die Borner Straße bis zum historischen Brunnenhäuschen am Born.

Die Satzung setzt fest, dass in dem betreffenden Ortskern-Bereich künftig die Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes gelten werden. So werden dann die „Fernwirkung“ der beiden evangelischen „Kirchtürme und der sie umgebenden einheitlichen Dachlandschaft Cronenbergs“ ebenso zu erhalten sein wie die für das Dörper Ortsbild prägenden Sichtachsen im Ortskern. Soll heißen: Die Sichtachse entlang der Solinger Straße auf die Reformierte Kirche sowie die Blicke von der Hauptstraße auf Krings Ecke und Reformierte Kirche beziehungsweise von der Ecke Kemmannstraße auf die Emmaus-Kirche haben freizubleiben.

Farbvorgaben für Haustüren oder Fensterrahmen

Für (gravierende) Eingriffe wird mit Inkrafttreten der Satzung die Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde nötig sein. Damit sind aber keineswegs nur der geschützte Ortsgrundriss und die Sichtbezüge gemeint. Auch die gestalteten Grün- und Freiräume oder baulichen Anlagen im Ortskern dürfen künftig nicht ohne Erlaubnis verändert beziehungsweise beseitigt oder auch nur in ihrer bisherigen Nutzung so einfach ohne Genehmigung geändert werden – und zwar selbst dann, wenn sie keine Denkmäler sind!

Damit einher gehen diverse Vorgaben, welche die Gestaltungsfreiheit von Fassaden, Dächern, der Eingänge oder Balkone beschränken – bis hinein in Schaufenster und Vorgärten. So werden für die Fassaden zum Beispiel Materialien wie Fachwerk, Schiefer oder Putz vorgeschrieben. Abweichungen sind zwar möglich, jedoch steckt „der Teufel“ ziemlich im Detail. Für Putz, Balken, Schiefer, Fensterrahmen und Schlagläden,Eingangstüren oder Zäune und Geländer sind so zum Beispiel jeweils normierte RAL-Farben festgesetzt. Beispiel: Laut Satzung sind Fensterrahmen in RAL 9010 (Reinweiß), Schlagläden in RAL 6002 (Laubgrün), Haustüren in RAL 6005 oder 9010 (Moosgrün beziehungsweise Reinweiß) zu gestalten.

Bereichssatzung soll im Frühjahr 2022 inkraft treten

Weitere Beispiele für die detaillierten Vorgaben der Denkmalsatzung: Neue Vordächer müssen rahmenlose Stahl-Glas-Konstruktionen sein und dürfen nur noch eine maximale Tiefe von einem Meter haben. Markisen an der Hauptstraße derweil dürfen künftig eine Tiefe von maximal 0,8 Meter haben und müssen den Farb-Normen RAL 6005 oder 3002 (Moosgrün beziehungsweise Karminrot) entsprechen, maximal ist eine zweifarbige Kombination mit RAL 9010 (Reinweiß) möglich. Auch eine Hecke kann man künftig nicht mehr nach Gutdünken setzen: Empfohlen sind heimische Gehölze wie Liguster, Buchsbaum, Eibe, Hainbuche oder Weißdorn. Wer da auf einen Zaun setzt, darf nur Stahl-, Eisen- oder Staketenzäune mit senkrechten Streben in einem Abstand von 10 Zentimetern verwenden – die Farbtöne sind natürlich laut Farbtonkonzept zu wählen.

Den ebenso beliebten wie umstrittenen Stein-Vorgärten wird mit der Satzung ein Riegel vorgeschoben: Bekieste Flächen sind in Vorgärten nur als Geh- und Fahrflächen sowie zum Beispiel für Mülltonnen zulässig. Auch (neue) Geschäfte entlang der Hauptstraße können nicht mehr machen, was sie wollen: Damit ein abgestimmter Gesamteindruck entsteht, der das Ortsbild entlang der Dörper Einkaufsmeile beruhigt, dürfen Schaufenster zukünftig nicht mehr vollflächig zugeklebt werden. Maximal dürfen noch 25 Prozent der Fläche für Beklebungen, Bemalungen und Hinweise genutzt werden.

Beleuchtungen sind zwar möglich, aber künftig in „warm-weiß“ vorgeschrieben. Nachdem auch der Rat der Denkmalbereichssatzung in seiner September-Sitzung ohne Gegenstimme zugestimmt hat, wird im Frühjahr 2022 mit der Genehmigung durch die Bezirksregierung gerechnet. Damit soll die Satzung dann inkraft treten können. Wer dann gegen die Regelungen vorsätzlich oder auch fahrlässig verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einem Bußgeld rechnen.

Historische Bausubstanz

Im historischen Ortskern befinden sich 51 Baudenkmäler sowie 49 durch die Untere Denkmalbehörde als erhaltenswerte Bausubstanz klassifizierte Objekte. Die höchste Konzentration von Baudenkmälern findet sich dabei in den Bereichen An der Hütte/Hütter Straße und am Hans-Otto- Bilstein-Platz sowie an Borner, Schorfer und Hauptstraße. Die ältesten Gebäudebestände im Geltungsbereich stammen laut des Bochumer Gutachterbüros GUUT GmbH aus dem frühen 18. Jahrhundert, so die Reformierte Kirche oder das ehemalige Pastoratsgebäude an der Borner Straße.

Mit der Frühindustrialisierung ab dem 19. Jahrhundert sowie der Übertragung der Stadtrechte im Jahre 1856 habe Cronenberg einen Wachstumsschub erhalten, was sich in den baulichen Strukturen entlang von Rathaus-, Solinger- und Hauptstraße sowie dem Bau der Borner Schule, des ehemaligen Postgebäudes (akzenta) oder der Apotheke an der Hauptstraße und der schräg gegenüber liegenden Emmaus-Kirche dokumentiere. Der wirtschaftliche Aufschwung im 19. und frühen 20. Jahrhundert findet derweil laut der Bochumer Experten Ausdruck in den villenartig- repräsentativen Wohngebäuden im Ortskern.