17.10.2022, 19.58 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

„Besser SSLZ schließen“: Kritiker kontern Winterschwimmen-Aus

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Während SVN-Sportwart Jörn Dau (mi.) nach Ausweichmöglichkeiten für seine Gruppen sucht, sind Corinna van der Velden und Harald Leschus enttäuscht über den Winterschwimmen-Ausfall. | Foto: Meinhard Koke

Die Straßenbeleuchtung reduziert, die Illuminierung von markanten Gebäuden und Bäumen abgestellt, die Wassertemperatur in den Stadt-Bädern runtergefahren, kalte Dusche nach dem Sport, runtergedrehte Heizung daheim oder auch leuchtende Kerzen statt Lampen – die Energiekrise infolge des Ukraine-Kriegs zwingt zu Sparmaßnahmen, viele bangen und ziehen sich auch (buchstäblich) wärmer an. Energiesparen ist oberste Bürgerpflicht, kann in dieser so besonderen Jahreszeit weiterhin Energie zur Beheizung eines Freibades zur Verfügung gestellt werden, damit dort auch im Winter in wohligem 29 Grad warmen Wasser geschwommen werden kann?

Die Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) Wuppertal sagt „Nein“: Wie berichtet hat sie die Fernwärme-Belieferung des Freibades Neuenhof zum Ende der Sommersaison aufgekündigt: Das Winterschwimmen 2022/23 fällt damit aus, am heutigen Montag ist daher der letzten Öffnungstag 2022 im „Neuenhof“, an dem Winterschwimmer mit einer „Trauer-Abschieds-Party“ gegen den Ausfall protestierten. „Muss nicht sein“, zeigen sich auch Winterschwimmerin Corinna van der Velden und Harald Leschus enttäuscht, dass sie auf dem Trockenen sitzen werden. „Dass ein Bad mit so viel Breitensport nicht geöffnet bleibt, wo die Bäderlandschaft in Wuppertal sowieso dezimiert wurde“, dafür hat Harald Leschus kein Verständnis.

Sparen – okay, aber besser zum Beispiel im SSLZ

Zumal das Winterschwimmen auch für positive gesundheitliche Aspekte sorge –„so mancher Arztbesuch“, ist sich der 78-jährige Cronenberger sicher, werde eingespart. Apropos sparen: Er kenne viele Winterschwimmer, die einen Zusatzbeitrag entrichten würden, damit das „Neuenhof“ geöffnet bleiben könnte – nach einer solchen Lösung sei aber erst garnicht gefragt worden… Aus „ethischen Gründen“ hält Corinna van der Velden die Unterbrechung der Fernwärme-Versorgung zwar durchaus für gerecht („Ich bin auch fürs Sparen“). Ihrer Meinung nach sollte aber woanders gespart werden.

Das Schwimmsport-Leistzngszentrum (SSLZ) könne doch geschlossen werden, schlägt die Hahnerbergerin vor – schließlich konnten die dortigen Schwimmer ja auch während der Schließung des Bades an der Küllenhahner Straße ins „Neuenhof“ ausweichen. Eine SSLZ-Schließung hält van der Velden auch deshalb für die bessere Alternative, weil dort für die (langsameren) Senioren-Schwimmer des SV Neuenhof (SVN) kein Platz sei: „Sie sind nicht im SSLZ willkommen.“ Gleiches gelte ob der knappen Wasserzeiten in den Stadt-Bädern nicht nur ebenfalls für Kinder-Gruppen: „Wohin mit den Tauchern, den Aqua-Fitness- und Pilates-Kursen“, fragt die 56-Jährige. Ohnehin hat sie die Vermutung, dass es nicht um Einsparung geht: „Die Stadt hat Angst, dass es im Winter am Zaun zum dampfenden Freibad Demos geben könnte“, glaubt die Hahnerbergin.

„Während andere frieren, kann man das nicht machen…“

AWG-Geschäftsführer Martin Bickenbach unterstreicht derweil, dass man sich die Entscheidung zur vorübergehenden Einstellung der Fernwärme-Versorgung des Freibades Neuenhof nicht leichtgemacht habe. Er habe Verständnis für Kritik, „aber wir leben in außergewöhnlichen Zeiten, die Energieeinsparungen erfordern: Wenn anderswo vielleicht Menschen in kalten Wohnzimmern sitzen müssen, kann die AWG nicht in den Herbst- und Wintermonaten ein Open-Air-Schwimmbecken beheizen“, so der AWG-Chef.

Conrad Tschersich, der für die technische Seite zuständige Co-Geschäftsführer der AWG, betont, dass die eingesparte Winterschwimm-Energie zur Strom und Fernwärmeversorgung Wuppertals genutzt werde. Zudem habe die Stadt angekündigt, dass selbst bei einer weiteren Verschärfung der Energiekrise Schwimmoper und SSLZ – die beide mit Fernwärme laufen – geöffnet blieben. Das ist Corinna van der Velden zu wünschen: Sie will nun in die Schwimmoper ausweichen, während Harald Leschus das H2O als Ersatzbad anvisiert.

Sobald Energiekrise vorbei, Gespräche zu Fernwärme-Lieferung

Noch keine Ausweichbäder hat indes SVN-Sportwart Jörn Dau für die 250 Kinder in den SVN-Schwimmgruppen oder auch die rund 90 Aqua-Fitness-, Technik- oder auch Masters-Schwimmer des Vereins gefunden. Allerdings liefen dazu Gespräche mit der Stadt und dem Schwimmverband Wuppertal, aber: Die Wasserzeiten, so Dau vorsichtig, seien aber knapp und die Konkurrenz daher groß… Wie der SVN und die AWG zuvor bereits mitgeteilt hatten, soll zeitnah über eine Wiederaufnahme der Fernwärme-Versorgung des Freibades Neuenhof gesprochen werden, wenn sich die Energiekrise wieder entspannt haben sollte. Mehr Infos online unter www.sv-neuenhof.de.