21.07.2023, 17.49 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Pkw kontra Pferde: „Immer schlimmer“ im „Reiterdorf“ Sudberg
„Jetzt reicht’s!“ – diesmal ging Jill Flocke zur Polizei und erstattete Anzeige. Der Grund: Als die Stall-Besitzerin an einem Juni-Samstag eines ihrer Pferde zur Weide führte, wurde sie auf der Hintersudberger Straße von einem Autofahrer bedrängt. Wie Jill Flocke berichtet, fuhr der Pkw-Fahrer mit Remscheider Kennzeichen nicht nur immer wieder so nah auf, dass gerade noch eine Handbreite Abstand zur Motorhaube war. Der aggressiv-ungeduldige Mann habe sie auch aufs Übelste beschimpft – damit war das Maß für die Sudbergerin voll, Flocke ging zur Polizeidienststelle am Rathausplatz.
Die üblen Beschimpfungen waren das eine, das andere ist ein grundsätzliches Problem: Pferde und Sudberg, das gehört seit Jahrzehnten zusammen, doch das Miteinander von Mensch und Tier in dem „Reiterdorf“ ist nicht erst seit ein paar Wochen gestört. Ende der 1990er-Jahre, so erinnert sich Jill Flocke, war die Sudberger Welt noch eine andere: Da döste der „Haus Schnee“-Hund „Boris“ noch auf der Kreuzung an der Endhaltestelle Oberheidt mitten auf der Fahrbahn – alle kannten „Boris“, niemand verlor die Geduld, alle fuhren um den Vierbeiner herum…
Pkw in Sudberg: „Das ist das Dreifache geworden…“
Das hat sich grundlegend geändert: Mit der zunehmenden Bebauung am Cronenberger Südzipfel ist es enger geworden – auch für Reiter, die ihre Tiere von und zur Weide führen: „Es ist das Dreifache an Autos geworden“, ist Jill Flocke überzeugt. Die Straßen seien zugestellt, mitunter passe gerade ein Fahrzeug durch die Reihen abgestellter Pkw, kaum mehr sei eine Lücke frei – Konsequenz: Mit dem Pferd auf dem Weg zur Weide und zurück gibt es kaum Ausweichstellen, können die Reiter also nicht Platz machen – nicht erst dem Remscheider Autofahrer riss da der Geduldsfaden.
Immer wieder komme es zu „haarigen“ Situationen, führen Autofahrer provozierend nah an Pferd und Reiter auf, ließen sich zurückfallen, um dann wieder aufzufahren: „Es wird immer schlimmer und die Autofahrer deutlich aggressiver“, findet Jill Flocke. Und auch deutlich gefährlicher: Hauptgrund, warum die Reitstallbesitzerin nun die Polizei einschaltete und sich zudem an die CW wandte, ist ihre Befürchtung, dass eine „Konfrontation Autofahrer-Reiter“ irgendwann eskalieren könnte: „Pferde sind Fluchttiere, sie können in Panik geraten und durchgehen“, erläutert Jill Flocke: „Wenn ein 800-Kilo-Pferd ausschlägt, dann ist das sehr gefährlich“, das gehe nicht gut aus.
Sorge vor Unfall: „Pferd muss dann eingeschläfert werden“
Und zwar für den Reiter, das Auto und den Fahrer, aber vielleicht auch für das Pferd, unterstreicht die 48-Jährige, dass wesentlich mehr passieren kann, wenn ein Ross in Stress gerät: „Wenn ich angefahren werde, habe ich vielleicht ein Bein gebrochen. Wenn das einem Pferd passiert, dann ist es tot.“ So weit soll es nicht kommen: „Wir möchten ja ausweichen“, weiß die Reitstall-Besitzerin um das Stresspotenzial für die Autofahrer: „Aber wo sollen wir denn hin“, appelliert Jill Flocke an die Geduld der Autofahrer am Sudberg: „Ich möchte keinen Unfall mit einem Pferd haben, das dann eingeschläfert werden muss“, hat die Sudbergerin große Sorge um ihre Tiere.
Das nervt auch: „Pferdemist wegmachen, bitte!“
Zu dem Flocke-Appell gehört für die 48-Jährige auch, dass sie die Reiter aufruft, doch bitte die „Hinterlassenschaften“ ihrer Pferde auf der Straße zu beseitigen: „Das nervt auch – es wäre schön, wenn alle mehr Verständnis füreinander zeigen würden“, hofft die Reitstall-Besitzerin, dass es in den engen Sudberger Straßen nicht länger „eng“ für Ross & Reiter bleibt, sondern ein Stück Gelassenheit in das Reiterdorf zurückkehrt – vielleicht wie zu den Zeiten, als „Boris“ noch auf der Straße liegen konnte…