15.04.2025, 20.13 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Angst um die Kinder: Eltern-Petition für Tempo 70 auf der Wahlert

Nicola Hermann und Dennis Kosche mit den drei Kindern, von denen zwei ab dem kommenden Schuljahr auf dem Heimweg von der Schule von der Bushaltestelle über die Straße Wahlert müssen, auf der in diesem Bereich Tempo 100 erlaubt ist. | Foto: Meinhard Koke
Der erste Schultag beziehungsweise der Übergang auf eine weiterführende Schule sind große Tage. Nicola Hermann und Dennis Kosche blicken auch mit Sorge darauf, dass Emma (7) und Clara (9) nach den Sommerferien zur Grundschule beziehungsweise aufs Carl-Fuhlrott-Gymnasium wechseln werden. Ihre drei Kinder in die Schulen beziehungsweise in den Kindergarten zu bringen, bekommen sie dann nicht mehr hin. Zumal sie auch kein „Eltern-Taxi“ spielen wollen: Clara und Emma müssen dann mit dem Bus zur Schule und zurück in die heimische Wahlert…
In Tempo 100-Bereich über die Straße zur Haltestelle
Das sollte kein Problem sein, die Bushaltestelle liegt ja vor der Haustüre – besser geht’s also kaum… Für Nicola Hermann und ihren Lebensgefährten ist „der Tag X“ dennoch mit Sorge verbunden, schließlich sind vor der Haustür auf der Wahlert (L427) 100 Stundenkilometer erlaubt. Dass ihre Kinder auf dem Heimweg von der Schule von der Bushaltestelle über die Landesstraße müssen, bereitet den Eltern Sorgen: „Ich habe schon einen Toten mitbekommen“, erinnert sich Dennis Kosche mit Schrecken an den letzten tödlichen Unfall im Jahr 2019 auf der Wahlert.
Das Anwohner-Paar hat daher eine Petition gestartet: In der Nachbarschaft, aber auch online auf der Plattform openPetition (www.openpetition.de/fqvxx) sammeln sie Unterschriften für eine Geschwindigkeitsbegrenzung in ihrem Bereich. Tempo 50 in ihrem Abschnitt auf der Wahlert fänden Nicola Hermann und Dennis Kosche „optimal“, halten sie aber für nicht umsetzbar. Zumindest hoffen sie auf Tempo 70. Einen entsprechenden Passus in der Straßenverkehrsordnung hat die dreifache Mutter ausgemacht. Hier heißt es, dass außerhalb geschlossener Ortschaften ein Tempo 70-Limit dort möglich ist, wo Fußgänger oder Radfahrer in besonderer Weise gefährdet sind. Das sehen die Cronenberger allein schon wegen der Bushaltestellen dort als gegeben.
Kinder im Straßenverkehr besonders gefährdet
Hinzu kommt, dass Kinder im Straßenverkehr allgemein als besonders gefährdet gelten: Laut Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit können Kinder unter zehn Jahren beispielsweise Entfernungen und Geschwindigkeiten noch nicht sicher abschätzen. Laut Verkehrswacht sehen Kinder allein wegen ihrer geringeren Körpergröße weniger (und werden deshalb auch schlechter gesehen), und nicht zuletzt handeln sie auch anders – und laufen mitunter unüberlegt auf die Straße…
Bei Tempo 100 kaum Überlebenschance bei Unfall
Erfasst ein Fahrzeug mit 100 Stundekilometern einen Fußgänger, geht die Überlebenschance gen null. Schon bei Tempo 65 sterben laut Statistik 8 von 10 angefahrene Fußgänger. Bei 50 km/h indes ist es umgekehrt: 8 von 10 Fußgängern überleben hier eine Kollision. Weiter hat Nicola Hermann herausgefunden, dass bei Tempo 100 der durchschnittliche Anhalteweg 130 Meter beträgt – bei 65 Stundenkilometer aber ist der Weg bereits um zwei Drittel auf nur noch 40,6 Meter reduziert. Wobei die Wahlert-Anwohner wissen, dass bei Tempo 100 vor ihrer Haustüre längst nicht Schluss ist: Besonders bei schönem Wetter „fliegen die hier bis 150 her“, erläutern Nicola Hermann und Dennis Kosche, dass ihr Abschnitt eine regelrechte Rennstrecke sei: „Das ist ja besonders auch für Motorradfahrer sehr attraktiv“ – bei waghalsigen Überholmanövern, zum Beispiel von Bussen oder Lkw, komme es immer wieder zu gefährlichen Situationen.
Kein Unfall-Schwerpunkt: BV-Vorstoß zu Tempo 70 abgelehnt
Dass auch die Bezirksvertretung (BV) Cronenberg nach dem letzten tödlichen Unfall vor sechs Jahren ein Tempo 70-Limit für die Wahlert forderte (die CW berichtete mehrfach), dieses aber mit der Begründung abgelehnt wurde, der Wahlert-Abschnitt sei kein Unfall-Schwerpunkt, wollen Nicola Hermann und Dennis Kosche nicht gelten lassen: Abgesehen von dem Fußgänger-Querverkehr zu den beiden Bushaltestellen, mündet wenige Meter entfernt zum Beispiel die Zuwegung zum Adelenblick beziehungsweise dem Manuelskotten – beliebte Ausflugsziele… Und nicht zuletzt: Nur etwa 150 Meter oberhalb ihres Hauses ist Tempo 70 – sollte es denn nicht möglich sein, dieses Limit bereits vor den Bushaltestellen beginnen zu lassen…?
Straßen.NRW: Die Stadt ist zuständig
Bezirksbürgermeisterin Miriam Scherff verspricht gegenüber der CW, bei der Stadt und beim Landesbetrieb Straßen.NRW nachzuhaken. Der Landesbetrieb erläutert derweil, dass ein Tempolimit Sache der Stadt sei: „Sollte die Stadt eine verkehrsrechtliche Anordnung treffen, was auf der Grundlage der StVO nur unter bestimmten, restriktiven Rahmenbedingungen möglich ist, setzt der Landesbetrieb die Beschilderung in der Örtlichkeit um“, so Straßen.NRW-Sprecher Rainer Herzog zur CW. Die Stadt ließ derweil auf CW-Anfrage wissen, dass sie den Vorstoß von Nicola Hermann und Dennis Kosche „gerne“ zum Anlass für eine erneute Prüfung nehmen wird. Allerdings: In dem Wahlert-Bereich gebe es „gute bis sehr gute Sichtbeziehungen, eine Unfallhäufung sei nicht zu identifizieren“ –daher habe die letzte Prüfung 2021 auch dazu geführt, dass es bei Tempo 100 blieb…
Online-Petition: Eltern hoffen auf viele Unterschriften
In der Wahlert beurteilt man das offenbar anders: Alle Nachbarn, die sie bislang erreichen konnten, hätten ihre Petition unterschrieben, berichten Nicola Hermann und Dennis Kosche – über ihre Online Petition (www.openpetition.de/fqvxx) hoffen sie, noch mehr Unterstützung für ihr Anliegen gewinnen zu können…