16.03.2021, 19.30 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

Christine Nordmann: Mit „leichtem Gepäck“ leben im Tiny House

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Ohne viel Ballast und Quadratmeter, aber dennoch offensichtlich ziemlich froh gelaunt – oder gerade deswegen: Architektin Christine Nordmann bewohnt Cronenbergs erstes Tiny House. | Foto: Meinhard Koke

Von 125 auf 28 Quadratmeter: Cronenberger Architektin Christine Nordmann setzt sich mit Mini-Eigenheim kleiner – und ihren Fußabdruck!

„Denn eines Tages fällt dir auf, es ist wenig, was du wirklich brauchst. Also nimmst du den Ballast und schmeißt ihn weg“, so heißt es in einer Zeile des Liedes „Leichtes Gepäck“ der Band „Silbermond“: „Denn es lebt sich besser, so viel besser mit leichtem Gepäck…“. Dass Frontsängerin Stefanie Kloß und ihre Band damit richtig liegen, davon ist Christine Nordmann überzeugt: Viel Ballast hat sie abgeworfen, mit „leichtem Gepäck“ zieht die Architektin dieser Tage um – in Cronenbergs erstes Tiny House.

Es steht direkt neben ihrem bisherigen Zuhause: In das altbergische Fachwerkhaus in Cronenbergs Altstadt, der Hütte, sind zwischenzeitlich ihre Tochter mit Mann und zwei Kindern eingezogen – sie brauche die sieben Wohnräume auf 125 Quadratmetern und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen nicht mehr, erzählt die Architektin: „Hauptsächlich habe ich sowieso nur einen Raum bewohnt.“

Das wohl kleinste Eigenheim Wuppertals

Konsequent war es insofern, sich „kleinerzusetzen“. Christine Nordmann allerdings wirft radikal Ballast ab: Ihr Tiny House ist auf zwei Etagen ganze 28 Quadratmeter groß, wobei die 76-Jährige nur das 14 Quadratmeter kleine Erdgeschoss bewohnen wird – in Cronenberg steht neuerdings das wohl kleinste Eigenheim Wuppertals! Unter der Treppe zum Abstell-Obergeschoss ist ein Mini-Bad mit Dusche und Toilette („Im Stehen sollte man ja sowieso nicht pinkeln…“), davor wird eine Küche mit Ess-Theke eingebaut – natürlich ebenfalls „mini“. Ein Schlafsofa ist ebenfalls gesetzt, dass der Lieblingsstuhl mitkommt, ist nicht sicher, aber der Wunsch von Christine Nordmann, während Klapptisch oder Roll-Schreibtisch unter „Kann, muss aber nicht“ rangieren, denn: „Ich habe ja mein Laptop sowieso immer auf dem Schoß…“

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Ein Vorzug von Wuppertals wahrscheinlich kleinstem Eigenheim: Es passt genau auf die Freifläche zwischen ihrem bisherigen Haus und einem Schuppen an der Ecke Hütterstraße – Christine Nordmann, seit 34 Jahren in der Hütte daheim, zieht zwar um, aber nicht weg und hat nun die Familie nebenan. Dieser große Wurf durch das kleine Haus ist das eine, weitere Triebfeder ist die Verantwortung, welche Christine Nordmann für die Umwelt spürt – und für die Zukunft ihrer Kinder und Enkel.

Ohne Heizung, aber mit „Mondholz“ aus Österreich

Mit dem Tiny House möchte die Architektin ihren ökologischen Fußabdruck verkleinern. Noch weiter, denn: „Ich habe immer schon so gelebt“, erzählt die letztjährige Preisträgerin der Ehrenamts-Auszeichnung „Wuppertaler“, die Mitinitiatorin von Urban-Gardening-Projekten und des Nachbarschafts-Kulturtreffs „Kulturschmiede Cronenberg“ ist: Ihre Tochter zum Beispiel habe früher schon „gemeckert“: „Mama, draußen ist es wärmer als drinnen“, erinnert sich Christine Nordmann lachend – die Heizung wurde nicht hochgedreht, man kann ja auch daheim einen Pulli tragen oder mal eine Decke überlegen, findet Christine Nordmann…

„Kleinhäuslebauerin“ Christine Nordmann mit Friedrich W. Figge, der als Architekt und guter Nachbar bei dem Tiny-House-Projekt unterstützte. | Foto: Meinhard Koke

„Kleinhäuslebauerin“ Christine Nordmann mit Friedrich W. Figge, der als Architekt und guter Nachbar bei dem Tiny-House-Projekt unterstützte. | Foto: Meinhard Koke

In ihrem Tiny House indes kann keine Heizung höher gestellt werden – es gibt keine. Die Wände des Musterhauses des Holz-Haus-Spezialisten Thoma sind 30 Zentimeter dick – in ihrem Haus wird es nicht kälter als 18 Grad und nicht wärmer als 25 Grad sein. Gebaut ist das Tiny House aus sogenanntem „Mondholz“, Holz von Fichten und Tannen aus etwa 1.100 Metern Höhe, das bei abnehmendem Mond geschlagen wurde. Die Holzkonstruktion kommt ohne mechanische Verdübelungen, Verleimungen und Holzschutzmittel oder auch Dämmstoffe aus, das Pultdach wird begrünt – ihr künftiges Leben wird nicht nur befreit von Besitz-Ballast sein, sondern auch gesünder, ist Christine Nordmann überzeugt.

Auf Anfrage: Probewohnen gerne möglich

Und auch Interessierte werden sich davon überzeugen können: Wer einmal das Leben in dem Cronenberger Tiny House antesten möchte, wird das bei Christine Nordmann (christine.nordmann @ posteo.de) können – nach ihrem Einzug wird die Dörper Haus-Pionierin Probewohnen anbieten, bei ihrer Tochter nebenan oder in der Hütte-Nachbarschaft komme sie bestimmt unter… Und auch wenn sie mal Klavier spielen möchte, darf sie sich gewiss wo an die Tastatur setzen. Ihr Piano passt in die 14 Quadratmeter natürlich nicht rein – ebenso wie all das, was Christine Nordmann abgestoßen hat, um nun mit „leichterem Gepäck“ zu leben…

Möglichst auf Dörper Handwerker gesetzt

Übrigens: Beim Ausbau ihre Tiny Houses hat Christine Nordmann darauf geachtet, möglichst lokale Handwerker mit den gewerken zu beuftragen. Beim Ausbau ihre Tiny Houses hat Christine Nordmann darauf geachtet, möglichst lokale Handwerker mit den Gewerken zu beauftragen. So hat Elektro Klärner die Elektroarbeiten ausgeführt, das Gründach hat Gelbrich Gartengestaltung erstellt, die markanten roten Fenster hat die Tischlerei Otterbein geliefert und die Küche baut die Schreinerei Felsch, während für die Installationen die Firma Wilhelm Lauterbach verantwortlich zeichnet. Einzig für die Zimmermanns-Gewerke musste sich Christine Nordmann raus aus dem Dorf nach Hückeswagen an die Firma Zultner wenden: „Das Geld soll ja hierbleiben – das war mir wichtig“, sagt die Dörper Haus-Pionierin.