01.02.2024, 17.05 Uhr | Meinhard Koke | Artikel drucken | Instapaper | Kommentare
Andreas Groß: Unternehmer ohne Pathos, aber mit viel Herzblut
„Das riecht hier ja wie früher“, sagte Dr. Andreas Groß beim Betreten des Gemeindehauses Küllenhahn: „Und sind das nicht noch die alten Stühle…?“ Der Co-Chef der Berger-Gruppe in der Kohlfurth wird eher mit dem Dörper Ortsteil an der Wupper verbunden. Als er in der Reihe „Portrait“ im Cronenberger Norden zu Gast war, wurde aber bereits beim Betreten des Kirchsaals an der Nesselbergstraße deutlich: Das ist eine Rückkehr von Andreas Groß. Denn: Der Unternehmer wuchs an der Friedrichallee auf, im Gemeindehaus Küllenhahn wurde er getauft und konfirmiert, der damalige Pastor Jedan begleitete ihn durch die Kindheit und Jugendlichen-Zeit, die Königshöhe war sein Spielplatz, am CFG ging er zur Schule, bei der CTG spielte er Handball und, und, und…: „Wir haben da mega-gerne gewohnt – mich verbindet mit Küllenhahn sehr viel“, unterstrich Andreas Groß, und sicherlich auch beim inzwischen 96-jährigen Vater in der ersten Reihe wurde da viele Erinnerungen wach…!
Nicht nur Chef – ein leidenschaftlicher Unternehmer
Prof. Dr. Martin Fleuß und Martin Probach als Gastgeber hatten Groß in ihrer Reihe auch als ehemaligen Küllenhahner eingeladen. Vor allem aber galt es einen erfolgreichen Unternehmer zu „portraitieren“, und einen überaus engagierten dazu. Das wurde rasch deutlich: Martin Probach und Martin Fleuß brauchten ihrem Gast lediglich „Kurzpässe“ zuzuspielen, und schon sprudelte es aus Andreas Groß heraus. Ob zu seiner Firma an der Kohlfurther Brücke, zur Heimat Cronenberg, zu Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft oder nicht zuletzt auch zum Hochwasser 2021, das in der Heinz Berger Maschinenfabrik einen Millionenschaden verursachte und ihn dazu veranlasste, umgehend ein Hochwaser-Frühwarnsystem zu initiieren (die CW berichtete mehrfach) – geradezu leidenschaftlich nahm Andreas Groß zu allen Themen Stellung, es war spürbar: Da sitzt einer nicht nur im Chefsessel, da brennt jemand für das, was er tut und wo er lebt…!
„Jeder von Ihnen hat mit uns täglich zu tun…“
Ergebnis: Nachdem er mit seinem Schwager Anfang des Jahrtausends in dritter Generation die Führung des Familienunternehmens übernahm („Da ging es uns nicht so gut“), hat sich die Maschinenfabrik von 60 auf 185 Mitarbeiter, vom Einzelunternehmen zur internationalen Gruppe mit sechs Marken, 15 Vertretungen und einer Tochtergesellschaft in den USA sowie zum Hidden Champion in diversen Weltmarktnischen gesteigert. „Jeder von Ihnen kommt mit uns jeden Tag in Verbindung“, zählte Andreas Groß bekannteste Marken von WMF oder Zwilling über Pfeilring und Husquarna bis hin zu Gardena oder auch Knipex auf, für welche die Berger-Gruppe Roboter-Anlagen und Maschinen produziert: „Wir machen das, was die anderen nicht machen wollen – wir sind eine Engineering Company“, erläuterte der Familienunternehmer das Erfolgsrezept: Man sei „kein Löcherbohrer mehr“, sondern verkaufe vielmehr ganze Prozesse, so wie etwa ein Auto plus Führerschein: „Weil wir das beherrschen, leben wir“, berichtete Andreas Groß nicht nur, dass er meist besser über die Herstellung der jeweiligen Produkte Bescheid wisse als die Hersteller selbst. Ganz ohne Überheblichkeit stellte Groß auch fest, dass die Berger-Auftragsbücher bis Ende 2025 voll seien.
Bürokratie & Co.: „Wir leiden wie die Hunde…!“
„Wir haben da noch immer viel Spaß daran“, bekannte der 57-Jährige („Ich fühl‘ mich noch recht jung“), hielt aber ebenso nicht damit hinter dem Berg, was ihm den Spaß etwas verleidet: Vor dem Hintergrun des Fachkräfte-Mangels („Wer Elektriker kennt – her damit, sie sind wie Goldbarren…“) seien die Forderungen nach einer Vier-Tage-Woche eine „katastrophale Diskussion“, die für die Industrie kaum mehr leistbar sei. „Wir brauchen mehr Agilität“, lautete Groß‘ leidenschaftlicher Appell zum Wirtschaftsstandort Deutschland: Dass der Neubau der Lüdenscheid-Brücke acht Jahre dauern soll, dass der Hangrutsch an der L74 seit anderthalb Jahren nicht behoben sei, aber auch immer mehr Bürokratie wie zum Beispiel das Hinweisgeberschutzgesetz („Ein zusätzlicher Wahnsinn“) oder auch fünf NRW-Beschleunigungsgesetze, die allesamt zu noch größerer Verlangsamung geführt hätten („Wenn das ein Mitarbeiter meiner Firma veranlasst hätte, würde ich den entlassen“) – das und vieles mehr frustriere.
Applaus: „Es muss sich was ändern, sonst wählen alle AfD“
„Wir leben davon, welche Ideen wir hier haben“, unterstrich Groß eine seiner Ansicht nach dringende Notwendigkeit zu Veränderungen in Deutschland: „Wir leiden wie die Hunde“, rief der Unternehmer beinahe verzweifelt zur Entbürokratisierung auf, sowie auch dazu, den Menschen mehr zuzuhören. Wenn man die Bürger verliere, ergebe sich ein gesellschaftliches Problem, dann wählten sie alle AfD: „Wir müssen was ändern, dafür kämpfe ich“ – und dafür erhielt Andreas Groß im Gemeindehaus Küllenhahn spontanen Zwischenapplaus.
Das „Groß-Muss“ in Wuppertal: Ein Besuch des TiC-Theaters
Dass hier jemand ohne großes Pathos, aber dafür mit umso mehr Herzblut bei der Sache ist, wurde auch deutlich, als das Gastgeber-Duo Fleuß/Probach erläuterte, wofür Andreas Groß so alles engagiert ist: Mitbegründer, Dozent und Förderer der Junior Uni, Mitretter und Beirat des TiC-Theaters, stellvertretender Chef der Gemeinschaft Cronenberger Unternehmen (GCU), Dozent an der Uni Wuppertal, stellvertretender Präsident der Bergischen IHK und nicht zuletzt auch Förderer der Cronenberger TG oder auch Co-Investor des Greis-Geländes in der Ortsmitte – der „Portrait“-Abend zeigte auf: Andreas Groß ist auch als engagierter Mensch ein „Hidden Champion“.
Ob er es auch auf dem Parkett des „Haus der Tänze“ ist, wo er gerne mit seiner Frau das Tanzbein schwingt, blieb offen an diesem Abend voller Einsichten. Nicht jedoch die Frage, was man nach Meinung von Andreas Groß unbedingt in Wuppertal gesehen haben müsse: Ins TiC-Theater, da müsse er jedes Jahr mindestens einmal rein – der Groß’sche Wohlfühlort in der Stadt…!
Am 2. Februar: Der OB im „Portrait“
Beim ersten „Portrait“-Termin 2024 haben Prof. Dr. Martin Fleuß und Martin Probach am morgigen Freitag, 2. Februar, mit Prof. Dr. Uwe Schneidewind den Wuppertaler Oberbürgermeister am Küllenhahn zu Gast. Der Beginn an der Nesselbergstraße 12 wird um 19.30 Uhr sein, der Eintritt ist wie immer frei.