22.03.2016, 20.05 Uhr   |   Meinhard Koke   |   Artikel drucken   |   Instapaper   |   Kommentare

„Pro Seilbahn“: „Der Trassenverlauf ist nicht in Stein gemeißelt“

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Gehen auf die Seilbahn-Gegner zu: Peter Vorsteher, Thomas Gaffkus-Müller und Axel Sindram (v.l.) von der Befürworter-Initiative.

Kräftig Fahrt nahm in den letzten Wochen die Diskussion um die Seilbahn-Idee vom Hauptbahnhof nach Küllenhahn auf: Mitte Februar legte die Gegner-Initiative „Seilbahnfreies Wuppertal e.V.“ ein Rechtsgutachten vor – Tenor: Die Machbarkeit der Seilbahn sei juristisch zweifelhaft, verkehrlich überflüssig und die Kosten unkalkulierbar – die Seilbahn-Gegner sagten einen langen Rechtsstreit voraus.

Ende Februar dann meldete sich das städtische Dezernat für Bürgerbeteiligung zu Wort: Mit Hilfe von Bürgergutachten und Seilbahn-Foren sollen Bürger und Betroffene in die Prüfung der Seilbahn-Machbarkeit einbezogen werden. Dann positionierte sich der Wuppertaler „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“: BUND-Vorsitzender Jörg Liesendahl erklärte sich mit den Seilbahn-Gegnern solidarisch und forderte die Wuppertaler Ratsmitglieder zum Verzicht auf die Seilbahn-Prüfung auf.

Der „Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club“ (ADFC) konterte: Die Seilbahn puste im Vergleich zu den Linienbussen zur Universität deutlich weniger Emissionen in die Luft, sprach sich Wuppertals ADFC-Chef Klaus Lang für die Prüfung der Seilbahn-Idee aus. Gleichzeitig kritisierte Lang die BUND-Ablehung: Die „ehemals hoch angesehene Umweltschutzorganisation“ demontiere sich damit selbst.

Alle Scharmützel änderten nichts: Wie erwartet stimmte der Wuppertaler Rat mit großer Mehrheit der Machbarkeits-Prüfung zur Seilbahn zu, inklusive der vorgeschlagenen Bürgerbeteiligung. Der Seilbahn-Fahrplan: Bis Ende des Jahres soll die Idee nun nach allen Seiten abgeklopft werden, im Frühjahr 2017 könnte der Rat dann das Planfeststellungsverfahren auf den Weg bringen – oder eben auch die Seilbahn-Idee platzen lassen.

Bürgergutachten: „Bei allen Verkehrsprojekten bislang gute Akzeptanz“

Natürlich zufrieden mit dem Ratsvotum und zudem gelassen im Hinblick auf die kommenden zwölf Monate äußert sich die Initiative „Pro Seilbahn“: „Das ist begrüßenswert, weil es total repräsentativ ist“, befindet Thomas Gaffkus-Müller zum geplanten Bürgergutachten und Peter Vorsteher ergänzt: „Es ist eine wunderbare Sache, dass das von Professor Dienel entwickelte Beteiligungsmodell jetzt auch in seiner Südstadt angewandt wird.“ Wie die beiden Ratsherren von CDU und Grünen bewertet auch Axel Sindram die Bürgergutachten-Pläne positiv: „Bei allen Verkehrsprojekten bisher hatten die Bürgergutachten gute Akzeptanz“, weiß der Vorsitzende der Vereinigung „Pro Bahn“.

Zugleich senden die drei Seilbahn-Befürworter Kompromiss-Signale an die Seilbahn-Gegner: „Nichts ist in Stein gemeißelt“, unterstreicht Thomas Gaffkus-Müller, dass nun alles auf den Prüfstand komme. Allemal zählt dazu die geplante Trassenführung: Bereits nach ihrer Begehung der möglichen Strecke Anfang November 2015 habe man sich gegen eine Stütze im Quellgebiet des Hatzenbecker Baches ausgesprochen: „Da müssen Alternativen gefunden werden“, unterstreicht Peter Vorsteher, „Liesendahl hat das nicht erfunden, genauso wenig wie den Schutz der Lurche“, fügt Thomas Gaffkus-Müller hinzu: Die Eingriffe im Bachtal müssten „minimal-inversiv“ sein.

Andere Trassenführung: „Geht nicht, gibt’s nicht“

Auch was die Überfahrung der Neubaugebietes Claire-Bläser-Straße, aus der sich der vehementeste Seilbahn-Widerstand rekrutiert, angeht, sehen die Seilbahn-Befürworter Verbesserungsbedarf. Möglichkeiten eines anderen Trassenverlaufs seien zu prüfen, die bisherige Ablehnung durch die Stadtwerke nach dem Motto „Geht nicht – gibt’s nicht“ müsse aufhören, fordert Thomas Gaffkus-Müller. Peter Vorsteher beruft sich auf „Seilbahn-Papst“ Professor Heiner Monheim, nach dem es technisch möglich sei, dass Seilbahnen Kurven fahren könnten – „vielleicht braucht man dann eine Stütze mehr, aber wir wollen ja auf die Gegner zugehen“. Zwar bedeutete das Mehrkosten – „aber wenn Entschädigungen geleistet werden müssen, wird ja auch mehr Geld ausgegeben“, so Thomas Gaffkus-Müller.

„Bau von Seilbahnen als Verkehrsmittel ist grundsätzlich zulässig“

Gelassen beurteilen die Seilbahn-Befürworter auch die rechtlichen Bedenken der Gegner: „Der in dem Rechtsgutachten gezogene Schluss, dass die Seilbahn nicht zulässig sei, ist unzutreffend“, meint Axel Sindram, seines Zeichens übrigens Verwaltungsjurist: Man habe nun einmal ein Seilbahn- und ein ÖPNV-Gesetz – „Seilbahnen sind Maßnahmen der Daseinsvorsorge und damit ist ihr Bau grundsätzlich zulässig“. Juristische Möglichkeiten bestünden ohnehin erst, wenn der Rat ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet habe – wie beim Deich- oder U-Bahn-Bau könne das aber höchstens zu Verzögerungen führen.

Alles in allem setzt die Initiative „Pro Seilbahn“ auf Kompromiss statt Konfrontation: „Wir haben uns immer als Mittler gesehen“, bekräftigen Thomas Gaffkus-Müller und Peter Vorsteher: „Das ist ja gerade der Prozess, den wir initiieren wollen.“ Was sie allerdings nicht wollten, war, dass die Seilbahn-Idee direkt zu den Akten gelegt wird: „Es ging darum, dass das Projekt nicht schon vor der Prüfphase für tot erklärt wurde“ – das ist erreicht, nicht weniger, aber auch nicht mehr…